'Für mich ist es egal welche Religion, welche Hautfarbe die Menschen
haben.'
Da steht nun Rachel Dror, Jahrgang 1921, vor zweihundert Schülerinnen und
Schülern in der Aula der Dr.-Engel-Realschule und beginnt mit fester
Stimme ihren Vortrag über ihr eigenes Leben. Wobei Vortrag sicher das
falsche Wort ist. Sie schildert spannend und kurzweilig die Geschichte
des dritten Reiches aus der Sicht einer damals heranwachsenden
Jugendlichen mit jüdischen Glauben.
In der Aula der Dr.-Engel-Realschule ist es mucksmäuschenstill, wenn Sie
in kurzen Episoden ihre eigenen Erlebnisse in Königsberg, Hamburg und
Berlin von 1933 bis 1939 erzählt. Rachel Drors Schilderungen sind so
bildreich, dass man meint selbst als Beobachter dabei gewesen zu sein.
Von den ersten Ausgrenzungen, 'jüdische Schüler sitzen ab sofort hinten',
über ihre Erlebnisse in der für damalige Zeiten noch weltoffeneren
Hansestadt Hamburg, der Reichskristallnacht und ihre Folgen für die
eigene Familie, bis zur eigenen Ausreise 1939 nach Israel, ziehen dem
Betrachter die persönlichen Erlebnisse zu dieser dunklen Seite der
deutschen Geschichte in den Bann.
Ohne anklagend zu wirken, vermittelt Sie dann im zweiten Teil ihres
Vortrags das ihr von einer Überlebenden aus Ausschwitz zugetragene
Schicksal ihrer Eltern. Diese konnten sich erst nach Italien absetzen,
wurden dort dann von deutschen Soldaten gefasst und starben gemeinsam in
den Gaskammern von Ausschwitz.
Ingrid Held, die Frau Dror als fesselnde Erzählerin bereits bei einem
Besuch einer Schulklasse in der Stuttgarter Synagoge kennen gelernt
hatte, organisierte diesen Besuch in Eislingen. Und sie hatte sich in
ihrer Einschätzung nicht getäuscht. Die zierliche neunzigjährige Frau, im
kleinen Kreis ruhig und zurückhaltend, schaffte es problemlos, auf dem
Podium zweihundert junge Menschen zu faszinieren und zum Nachdenken
anzuregen.
Hans-Ulrich Weidmann
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